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Ich muß dir etwas erzählen, liebste Frau, was mir gestern begegnet ist, und was ich dir gerne mündlich sagte, wenn du nicht in weiter Ferne am Meeresstrande säßest, du Ausreißerin.
Deine braunen Fensterläden sind geschlossen; der alte Nußbaum klopft mit schwanken Zweigen daran und fragt, ob du bald kommest.
Und auch ich frage so. Du weißt, warum. Ich darf heute nichts davon sagen, ich habe es dir versprochen. Du sollst Ruhe haben zu allem. Ruhe? Wenn ich dir diese Blätter schicke?
Doch ich wollte dir ja etwas erzählen.
Ich ging mit meinem Freund Haller, den du den Tolpatsch nennst, gegen die Wilhelmsburg hinauf. Er hatte das kaffeebraune Sommerrockchen an, das du ihm längst wegsprechen wolltest, und ging, die eine Hand in der Tasche, mit der andern lebhaft seine Rede begleitend, neben mir her. Er ist ein Kind und ein Weiser zugleich. Du hättest ihn sehen und horen sollen. Er fand einen aus dem Nest gefallenen jungen Finken und trug ihn im Taschentuch mit sich, solang er mir seine Lieblingsidee, die er von Fichte aufgenommen hat, auseinandersetzte: es gibt nur eine Tugend, sich selber vergessen, und nur eine Sünde, sich selber zu wichtig nehmen. Dabei erdrückte er im Eifer des Gesprächs den Finken und sah, als er es merkte, bestürzt das Vogelleichlein an. Ich wollte es nicht, versicherte er, ich wollte es gewiß nicht tun. Plotzlich sah ich einen in der Sonne schimmernden Faden, der an seiner Schulter aufglänzte, und dessen anderes Ende in der himmlischen Bläue verfestigt zu sein schien. Er mochte sich drehen oder wenden wie er wollte, der Faden ging mit ihm, so zart er war, denn die unsichtbaren Spinnfrauen hatten ihn fest und zäh gesponnen. Und mich ergriff eine heitere Rührung, als ich das große Kind so lieblich an das All gekettet sah. Geh' du nur hin, dachte ich, und stolpere deinen Gang. Es fliegt doch ein zartes Seelchen hinter dir drein und leitet dich an einem Silberfaden.
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